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DSL 2007

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Mal eben ins Internet:

Schnell mal die Mails checken, kurz die Socialmedia Kanäle (Facebook, Twitter, usw.) überfliegen.

Die neuesten Youtubevideos anschauen, Musik hören, Serien und Filme streamen.

Spiele spielen, Skypen oder Videochat mit Freunden oder Verwandten.

Smartphones aktualisieren, Sicherheitsupdates für Virenscanner und Betriebssystem laden.

Von zu Hause arbeiten, für die Uni recherchieren, oder für die Schule Wissen aneignen.

Eine Wohnung vermieten, ein Haus bauen. Alles mit dem Wissen, dass ein schneller Internetzugang kein Problem darstellt.

Ausschreibungen machen, Kunden betreuen, große Dateien zwischen Firmen und Kunden hin- und herschicken.

Und noch vieles mehr.

All das ist für uns in Hegensdorf selbstverständlich.

Dabei war Hegensdorf vor 10 Jahren nicht an das Breitbandnetz angeschlossen. Und es sah auch nicht danach aus, als würde sich das ändern.
Damals nutzten wir noch ISDN, oder analoge Modems und warteten minutenlang auf eMails, ladende Webseiten und an viele der oben aufgeführten Nutzungsmöglichkeiten war gar nicht zu denken. Teuer war der damalige Internetzugang auch noch, da es keine Flatrate gab und jede Minute abgerechnet wurde.

Doch vor 10 Jahren hat Hegensdorf sich selbst den Anschluss an das Breitbandnetz gebuddelt.

In 2007 beschäftigte ich mich schon 3 Jahre lang mit der Lösung des Problems. Hunderte eMails / Telefonate hatte ich schon geführt und immer wieder negative Erfahrungen gemacht.
Kein Anbieter wollte sich ernsthaft mit uns auseinander setzen. Und die möglichen technischen Lösungen (Funk, Satellit) waren leider keine echten Alternativen zu einem Glasfaseranschluss.

Doch plötzlich ergab sich über das aufgebaute Netzwerk ein Kontakt zur Telekom und es wurde nach einigen Gesprächen tatsächlich eine theoretische Lösung aufgezeigt.
Ein Glasfaserkabel führte am Ort vorbei und hätte über ein 1.300 Meter langes Leerrohr, welches unterirdisch verlegt werden müsste, in den Ort hinein gezogen werden können.

Doch es wurde sofort signalisiert, dass dies für die Anzahl der möglichen Kunden viel zu kostenintensiv sei, da neben der Technik ein sehr hoher Anteil auf notwendige Grabungsarbeiten entfiel.

Ich bat um die Aufschlüsselung der Kosten und fuhr frustriert nach Hause.

Auf dem Weg nach Hegensdorf kam mir dann die Idee:
Was wäre, wenn wir die Grabungsarbeiten übernehmen würden und für die Telekom blieben dann nur noch die Kosten für die Technik übrig.
In Hegensdorf wurden dann direkt Gespräche mit ein paar Leuten geführt und alle signalisierten sofort, dass sie dabei wären.

Daraufhin rief ich bei der Telekom an und bat noch einmal um einen gemeinsamen Termin bei der Stadt Büren.
Wie würde die Telekom reagieren?

Kurz gesagt: Sie waren total überrascht. So einen Vorschlag hatte noch keiner gemacht. Sie versprachen, das Ganze zu prüfen und sich dann zu melden.
Zwei Tage dauerte es, dann gab es die Rückmeldung:
Wenn wir den Graben fertig stellen würden, dann würde die Telekom die Technik stellen.
Hegensdorf hatte endlich einen Weg gefunden…

Doch auch danach wurden uns noch viele Steine in den Weg geräumt. Die Telekom legte beispielsweise eine Staffelung vor, bei der wir eine Zuzahlung zum Projekt leisten sollten. Die Zuzahlung wäre zwar mit jedem DSL-Neukundenvertrag geringer gewesen. Aber dennoch war der Betrag derart hoch, dass das Projekt noch vor Beginn wieder vor dem Aus stand. Letztendlich führten weitere viele Telefonate dazu, dass die Telekom auf diese Zuzahlung verzichtete.
Auch die Stadt Büren und der Kreis Paderborn waren unserem Projekt nicht uneingeschränkt wohlgesonnen.
Aber irgendwie ließ sich alles aus dem Weg räumen.

In der Folge entwickelte sich ein deutschlandweit einmaliges Projekt. Es haben damals unglaublich viele Hegensdorfer mitgeholfen.
Es wurde Arbeitsgerät gestellt, Diesel oder Geld gespendet, Verpflegung bereitgestellt, oder einfach mitgearbeitet.

In etwa 14 Tagen war der Graben fertig und das Leerrohr verlegt.
Alle hatte viel Spaß zusammen und die Abende wurde nicht nur einmal ganz lang 😉

In den 14 Tagen wurden wir überraschend von der Presse begleitet. Ein Bericht des Westfalenblatts löste einen wahren Schneeballeffekt aus.
Während der Grabungsarbeiten berichtet alles was Rang und Namen hat von unserem einmaligen Projekt.
Im Fernseh gab es Beiträge in ZDF, WDR, RTL, Sat1, RTL2, N24, NTV, und weitere.
Im Radio berichteten Einslive, WDR2, Radio Hochstift, Radio NRW, der Deutschlandfunk, Radio FFH usw.
In den Printmedien gab es Artikel in der Neuen Westfälischen und im Westfälischen Volksblatt.  Aber auch deutschlandweit gab es Artikel über uns, wie z.B. in der Süddeutschen, oder in der Bildzeitung.
Das war alles ziemlich surreal, führte aber zu einer breiten öffentlichen Wahrnehmung unseres Projektes.

Krönender Abschluss war die Einladung zur Sendung „Menschen 2007“ im ZDF.

Im Dezember 2007 wurde Hegensdorf dann tatsächlich an das Glasfasernetz der Telekom angeschlossen.
Im Kernort waren ab da Geschwindigkeiten von 16 Mbit möglich, in den Randbereichen konnte noch mit 6 Mbit versorgt werden.

Ende 2015 wurde dann neue Technik verbaut, so dass die Anschlüsse seit dem mit 50 Mbit versorgt werden.

Hätten wir den Breitbandanschluss damals nicht umgesetzt, dann hätten wir ihn heute immer noch nicht.
In Deutschland gibt es noch immer viele weiße Flecken und wir wären weiterhin einer davon.

Ende 2007 war das Projekt allerdings noch nicht zu Ende:
In den folgenden Monaten erreichten mich aus ganz Deutschland etwa 75 Anfragen von Orten, die ebenfalls noch nicht an das Breitbandnetz angeschlossen waren.
Ich gab unsere Erfahrungen weiter und vermittelte jeweils den Kontakt an die Telekom.
Tatsächlich wurde aber kein anderes Projekt, nach unserem Vorbild umgesetzt.

Ich sehe das als eine Auszeichnung für unsere Dorfgemeinschaft an!
Wir haben da etwas geschafft, was sonst keiner umsetzen konnte!

Spannend wurde es dann noch einmal in 2015, als sich das Deutsche Technikmuseum aus Berlin meldete.
Das Museum hat eine Ausstellungsfläche von 26.500qm und wird jährlich von 600.000 Menschen besucht.
Im Rahmen einer Sonderausstellung wurde eine Vitrine realisiert, die nun mit ein paar Exponaten von unserem einmaligen Projekt erzählt.

Ich wurde in den letzten Jahren oft gefragt, wo denn die ganzen Beiträge zu dem Projekt zu finden sind.

Viele Hegensdorfer waren damals in die Presseaktivitäten involviert und haben selbst Interviews gegeben, oder wurden in den Zeitungen abgebildet.

Das 10 jährige Jubiläum und die tolle neue Hegensdorf-Webseite geben mir jetzt den Anlass, die gesammelten Beiträge, Fotos und Informationen auf unserer neuen Webseite aufzubereiten.
Ich habe versucht so vieles wie möglich zu sammeln. Dennoch werden vermutlich auch einige Beiträge fehlen. (Falls jemand noch weitere Beiträge hat, die ich hinzufügen kann, dann bitte gerne Bescheid sagen.)

Ich wünsche allen viel Spaß beim Stöbern in einem kleinen Teil unserer Dorfgeschichte.

Zum 10-jährigen möchte ich niemanden vergessen, oder vor den Kopf stoßen. Aber einzelnen Personen möchte ich gerne noch einmal namentlich danken:

Maria Lummer (vor allem für Ihr Verhandlungsgeschick im Umgang mit Stadt und Kreis)

Michael und Klaus Neesen (für die Bagger, das sonstige Arbeitsgerät und die vielen Arbeitsstunden)

Gerd Schulte (für den Bagger und ebenfalls die vielen Arbeitsstunden)

Reinhold, Olli und Patrick Wördehoff (für den Radlader, die vielen Arbeitsstunden)

Familie Atorf (die uns auf Ihrem Grundstück die Überwindung des Steilhangs am Alten Weg ermöglicht haben)

Diejenigen die das Projekt mit Geldspenden unterstützt haben.

Die Grundstückseigentümer, die uns durch Ihre Grundstücke haben buddeln lassen und dabei auf Geld von der Telekom verzichtet haben.

Darüber hinaus waren so viele Sachen wichtig und wurden durch Hegensdorfer übernommen und geleistet.
Beispielsweise wurde eine Bruchsteinmauer wieder aufgebaut, Brote geschmiert, Würstchen gegrillt, Sand gefahren, fotografiert, Material und Maschinen gestellt, natürlich die Arbeit direkt am und im Grabgen und vieles, vieles mehr.

Abschließend bleibt mir folgendes zu sagen:
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen die (in welcher Form auch immer) an diesem Projekt Ihren Anteil hatten !!!
Ohne unsere sehr gute Dorfgemeinschaft hätten wir das damals nicht stemmen können.

Vielen Dank und viel Spaß beim Stöbern…
Frank Pittig

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